Die neueste Folge des DOK Industry Podcasts gibt einen Einblick in die Vielfältigkeit des animierten Dokumentarfilms. Anhand von zwei Animationsfilmen reflektieren die Filmemacher Carlos Hagerman und Jorge Villalobos („Home Is Somewhere Else“) sowie Camrus Johnson und Pedro Piccinini („Grab My Hand: A Letter to My Dad“) zusammen mit Kuratorin und Moderatorin María-Christina Villaseñor über das Besondere der filmischen Form und inwiefern es ihre künstlerische Praxis als Filmschaffende prägt.
Das Gespräch komplementiert DOK Leipzigs Vorhaben, die Animation und den animierten Dokumentarfilm stärker in den Fokus zu nehmen. Dieses Jahr führt das Festival einen neuen Preis für lange Animationsfilme ein und ergänzt das Filmprogramm mit einem umfangreichen Angebot für Fachbesucher*innen bei DOK Industry.
In der Podcastfolge sprechen die Filmschaffenden über das besondere Verhältnis von Form und Inhalt im animierten Dokumentarfilm und betonen die Stärken der Gattung. In diesem Zusammenhang diskutieren sie die Unterschiede zum Dokumentar- und Spielfilm und reflektieren über ihre bisherigen Erfahrungen, sowohl während der Produktion als auch bei den Screenings. Sie gehen auf unterschiedliche Möglichkeiten ein, wie Emotionen ihrer Charaktere einen komplexen Ausdruck zu verleihen, sodass die Vorstellungskraft der Zuschauer*innen auf eine ganz eigene Art und Weise angeregt werden kann. Die Animationskunst biete den Filmschaffenden in ihren kreativen Prozessen Raum und Freiheit, sich auszuprobieren und verspielter zu sein. Exemplarisch zeigen die beiden Filme, wie individuelle und intime Geschichten in universelle, weltweit nachvollziehbare übertragen werden können. Darüber hinaus widmen sich die Podcastgäste Fragen der Repräsentation im Animationsfilm – vor und hinter der Leinwand.
Johnson und Piccinini gehen auf ihren preisgekrönten animierten Dokumentarfilm „Grab My Hand: A Letter to My Dad“ ein. Der Kurzfilm erzählt die Geschichte von Johnsons Vater und dessen Beziehung zu seinem verstorbenen besten Freund – ein berührendes Zeugnis über Freundschaft, das subtil das Klischeebild von Männlichkeit hinterfragt, und gleichzeitig ein Beispiel für kreative persönliche Erzählungen von und über PoC, die in der Branche noch zu wenig Platz finden.
Die Filmemacher von „Home Is Somewhere Else“, Hagerman und Villalobos, erzählen davon, wie ihre über 30 Jahre währende Freundschaft zur Entwicklung des Projekts beigetragen hat. Nach vielen erfolgreichen Kurzfilmen und langen Dokumentarfilmen ist „Home Is Somewhere Else“ ihr erster abendfüllender animierter Dokumentarfilm. Im Mittelpunkt ihres Films stehen die Geschichten dreier Einwandererfamilien in den USA, die in Angst davor leben, ausgewiesen und dadurch voneinander getrennt zu werden. Nicht nur ästhetische Gründe bewegten die Filmemacher, Animation als Medium zu wählen, um die Erfahrungen der Familien zu visualisieren, sondern auch die Möglichkeit, diese Erzählung um eine Vielfalt subjektiver Wahrheiten zu bereichern.
Camrus Johnson ist Schauspieler, Regisseur und Autor. Sein zweifach für den Academy Award qualifizierter animierter Kurzfilm „Grab My Hand: A Letter to My Dad“, bei dem er gemeinsam mit Pedro Piccinini Regie führte, wurde auf Filmfestivals weltweit mit mehr als 20 Preisen ausgezeichnet. Sein für den NAACP Image Award nominierter Animationskurzfilm „She Dreams at Sunrise“ wurde beim Tribeca Film Festival in der Reihe „8:46 Films“ gezeigt, die in Gedenken an den Tod von George Floyd ausgerichtet wurde.
Pedro Piccinini ist bildender Künstler und Animator. In seinen Werken sucht er stets nach neuen Erzählformen. Bevor er seine Leidenschaft für die Animation entdeckte, kreierte er preisgekrönte Designs und Grafiken in digitalen und physischen Medien, darunter Papierillustrationen und Stop-Motion-Werke.
Carlos Hagerman ist Regisseur und Produzent. Er hat an preisgekrönten Dokumentarfilmen mitgearbeitet, darunter „Those Who Remain“ (IDA Humanitas Award 2009), „Back to Life“ und „No Place Like Home“. Zusammen mit Jorge Villalobos und ihren Kollegen ist er Mitgründer von Brinca Taller de Animación.
Jorge Villalobos de la Torre ist Autor, Regisseur und Produzent von Animations- und Spielfilmprojekten. Seine Kurzfilme wurden mit mehr als 20 internationalen Preisen ausgezeichnet. Er ist Mitgründer von Brinca Taller de Animación. „Home Is Somewhere Else“ ist sein erster animierter Dokumentarfilm, bei dem er gemeinsam mit Carlos Hagerman Regie führte.
María-Christina Villaseñor ist Kuratorin und Autorin. Schwerpunkte ihrer Arbeit sind das lateinamerikanische Kino, Animation als Bestandteil von Filmen und Kunstinstallationen. Zudem engagiert sie sich stark im Bereich der Kunstvermittlung und setzt sich für bessere Zugangsmöglichkeiten in der Kunst für alle sozialen und kulturellen Communities ein. Sie ist Programmleiterin beim New York International Children’s Film Festival (NYICFF). Zuvor war sie als Kuratorin für Film und Medienkunst am Guggenheim Museum tätig.
Die DOK Industry Podcasts werden in Zusammenarbeit mit What’s Up with Docs, Programmers of Colour Collective und mit der Unterstützung von Docs-in-Orbit und MUBI produziert sowie gefördert durch Creative Europe, BKM, MDM und die Stadt Leipzig.
Zur Podcast-Folge: DOK Industry Podcasts