Sick Girls
In den letzten Jahren stieg die Zahl der Diagnosen von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörungen sprunghaft an. Was sind die Gründe dafür? Sortiert die effizienzorientierte Gesellschaft unter dem Label ADHS immer schneller aus, wer sich ihrem Raster widersetzt? Welche Folgen hat es, dass die Behandlung mit Medikamenten fast alltäglich geworden ist? Sind Ritalin und Konsorten vielleicht sogar das Doping der Leistungsgesellschaft?
Mit diesem sehr persönlichen Dokumentarfilm macht sich Gitti Grüter, selbst seit der Pubertät mit ADHS diagnostiziert, auf die Suche nach Antworten. Mit fünf Frauen, denen die Medizin ebenjene Störung bescheinigte, spricht Grüter über Konzentrationsschwächen, Impulsivität, Reizüberflutung, Beziehungsprobleme, Depressionen und Schlaflosigkeit. Im Verlauf der offenen Gespräche wird immer deutlicher, wie schwer es gerade Frauen mit ADHS haben, weil soziale Stereotype des Weiblichen die richtige Diagnose oft verhindern oder verzögern. Durch den gezielten Einsatz filmischer Mittel gelingt es, dem Publikum tatsächlich ein Gefühl für die permanente Überwältigung durch inneres und äußeres Chaos zu vermitteln. Gekonnt und mit einer gehörigen Dosis Ironie nimmt Grüter die Stigmatisierung von Menschen mit ADHS – und nicht zuletzt die Rolle, die Gender-Klischees in diesem Prozess spielen – in den Blick. Das Finale ist überraschend und ermutigend.