Man fühlt sich willkommen auf der Terrasse von Güler Yücel. Die temperamentvolle Künstlerin präsentiert farbenfrohe Malereien eines Alltags, den sie aus nächster Nähe kennt. Yücel lebt und malt auf der türkischen Halbinsel Datça. Ihre Gemälde sind chronistische Erzählungen. Sie fangen die Ausgelassenheit einer Hochzeit ein, begleiten Arbeiter während der Olivenernte, zeigen eine Ziegenherde. Sie erzählen auch von ihrer Ehe mit Can, einem politisch verfolgten, mittlerweile verstorbenen Dichter.
Wenn es Güler Yücel zu heiß wird, spritzt sie sich lachend mit einem Schlauch ab. Sogar ihre neuesten Arbeiten müssen sich einem Wassertest unterziehen. Wir lernen eine unkonventionelle Frau kennen, die auch als Betagte mit schöner Lebenslust ihre Umgebung erkundet. Angeregt von den Gesprächen und Yücels Werk geht die Filmkamera auf Entdeckungsreise. Ihr Blick verweilt auf anderen Frauen, die selbstbewusst ins Objektiv schauen und sprechen, wie etwa die Ziegenhirtin von ihrer Zeit in der Stadt, wo sie sich fremdbestimmt fühlte. Nun ist sie bei sich selbst angekommen. Später, auf einer Hochzeitsgesellschaft, schreitet die junge Braut stolzen Schrittes in die Zukunft. Auch Güler Yücel hat ihr Leben und ihre Liebe gelebt. Auf einem ihrer Bilder sieht man Can und sie nackt in der Sonne sitzen. Sie erinnert sich an ihren Ehemann, an die gemeinsam ausgefochtenen politischen Kämpfe.
Anke Leweke