Filmarchiv

Seelendinge 2022
Filmstill The 3 Rs
The 3 Rs David Lynch
Nervös vibriert die Kamera, ein Quietscheentchen wird von der Algebra geköpft. Kurz und mit voller Wucht entzündet David Lynch ein Fanal gegen den verschulten Blick auf die Welt.
Filmstill The 3 Rs

The 3 Rs

The 3 Rs
David Lynch
Seelendinge 2022
Experimentalfilm
Österreich,
USA
2011
1 Minute
Englisch
Untertitel: 
Keine

Nervös vibriert die Kamera, ein Quietscheentchen wird von der Algebra geköpft. In nur einer Minute und mit voller Wucht entzündet David Lynch ein Fanal gegen den verschulten Blick auf die Welt. Reading, wRiting, aRithmetic – die drei Grunddisziplinen der kulturtechnischen „Abrichtung“ entpuppen sich als Trauma der Kindheit und Gegner des nicht Vermessbaren, des Rätselhaften und Unbeschreiblichen.

André Eckardt

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Regie
David Lynch
Buch
David Lynch
Kamera
David Lynch
Schnitt
David Lynch
Internationaler Wettbewerb 2020
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The Annotated Field Guide of Ulysses S. Grant Jim Finn
Der Amerikanische Bürgerkrieg in seine Einzelteile zerlegt: Ein aparter 16mm-Film und animierte Kriegsbrettspiele machen eine gespaltene Nation voller Aufbegehrender sichtbar.
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The Annotated Field Guide of Ulysses S. Grant

The Annotated Field Guide of Ulysses S. Grant
Jim Finn
Internationaler Wettbewerb 2020
Dokumentarfilm
USA
2020
61 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Zahlreiche Filme verarbeiten den Amerikanischen Bürgerkrieg, der von 1861 bis 1865 zwischen den nördlichen Vereinigten Staaten und den Konföderierten im Süden wütete. Ein General, der zur Kriegsikone und zum 18. Präsidenten der USA aufstieg, war Ulysses S. Grant. Regisseur Jim Finn rekonstruiert die Schlachten anhand von Brettspielen und dokumentiert eine gespaltene Nation voller aufbegehrender Parteien.

„Bloody Pond“, blutiger Teich, oder „The Flaming Forest“, der flammende Wald, nennt man Orte unterhalb der Mason-Dixon-Linie, in denen es binnen weniger Jahre zu grausamen und unübersichtlichen Zusammenstößen kam. Heute künden nur noch Friedhöfe, Gedenktafeln, Wachsmuseen und Obelisken von Episoden jenes Krieges, der für die heutige Gestalt der USA von entscheidender Bedeutung ist. Jim Finns 16mm-Aufnahmen sind eine kleinteilige Begehung verschiedener Stationen, die er mit makabren Anekdoten und pointierten Schilderungen unterlegt. Staatsmänner, Ideologen und Kriegsherren geistern hier in Wäldern, Ruinen und an Flussufern – wie die Lichteinfälle, die das Filmmaterial immer wieder aufleuchten lassen. Schönheit ist in diesen Bildern, auch in den rieselnden Synthiemelodien, auch in den Stop-Motion-Animationen komplizierter Brettspiele. Diese Schönheit hat wenig gemein mit dem düsteren Unterbau des Konflikts: tiefer Rassismus und unbeirrbarer Glaube an das Recht zur Sklavenhaltung.
Carolin Weidner

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Regie
Jim Finn
Buch
Jim Finn
Kamera
Jim Finn
Schnitt
Dean De Matteis, Jim Finn
Produktion
Cat Mazza
Ton
Alexander Panos, Jesse Stiles
Musik
Colleen Burke
Animation
Jim Finn
Nominiert für: Preis der Interreligiösen Jury, FIPRESCI Preis
Camera Lucida 2023
Filmstill The Apocalyptic Is the Mother of All Christian Theology
The Apocalyptic Is the Mother of All Christian Theology Jim Finn
Obwohl von Antisemitismus und Faschismus vereinnahmt, war der Apostel Paulus historisch doch ein Revolutionär. Eine psychedelische Montage, ein wilder Ritt durch 2000 Jahre wüste Propaganda.
Filmstill The Apocalyptic Is the Mother of All Christian Theology

The Apocalyptic Is the Mother of All Christian Theology

The Apocalyptic Is the Mother of All Christian Theology
Jim Finn
Camera Lucida 2023
Dokumentarfilm
USA
2023
64 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Nach dem siegreichen Feldherrn des amerikanischen Bürgerkriegs Ulysses S. Grant hat sich Maverick Jim Finn diesmal den Apostel Paulus vorgenommen. Zwischen beiden liegen 18 Jahrhunderte, doch ist diesen historischen Über-Figuren manches gemein. Beide haben epochemachend gewirkt, mussten dafür ausgedehnte Expeditionen unternehmen, und beide haben allerhand Propaganda inspiriert, einschließlich zahlreicher Brettspiele, die auch Finns jüngstem Film ein visuelles Gerüst liefern. Vor allem bleiben beide bis heute umstritten, wobei Paulus’ Wirken, der dünnen Faktenlage geschuldet, Steilvorlagen zu noch weitaus krasseren Auslegungen gab und gibt. Einige der unerhörtesten zitiert der Film in einer eklektizistischen Montage von rotstichigen Sandalenfilmausschnitten, christlich-fundamentalistischen Talkshows, Cartoons, Kinderbüchern, Dioramen, Themenparks und Auftritten von Zauberern und verzückten Chören.

Der kuriose Titel bezieht sich auf eine Schrift des deutschen Theologen Ernst Käsemann, dessen Forschungen Paulus den Antisemiten entrissen, die sich seiner bemächtigt hatten, und ihn zurück in die Tradition jüdischer Mystik stellten. Darum bemüht sich auch Jim Finns Film, der in einem wilden Ritt durch die Geschichte zweitausend Jahre Vereinnahmung und Propaganda genüsslich seziert.

Christoph Terhechte

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Regie
Jim Finn
Buch
Jim Finn
Kamera
Jim Finn
Schnitt
Dean De Matteis, Jim Finn
Produktion
Jim Finn
Co-Produktion
Cat Mazza
Sound Design
Alexander Panos, Jesse Stiles
Musik
Colleen Burke
Animation
Matt Loudon
Filmvertrieb
Tom Colley
Internationaler Wettbewerb 2021
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The Great Basin Chivas DeVinck
Kurioses und Erschütterndes aus der schwach besiedelten Wüste mit unterirdischen Wasserreserven in Nevada. Ein stimmungsvoller Film darüber, wie in den USA Freiheit definiert wird.
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The Great Basin

The Great Basin
Chivas DeVinck
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
USA
2021
92 Minuten
Englisch,
Spanisch
Untertitel: 
Französisch, Englisch

Chivas DeVinck arbeitet sich aus dem Erdreich bis zu den Sternen vor, um herauszufinden, was Nevada abseits von Las Vegas ausmacht. Milieus, Orte und Menschen werden zu einer Collage verknüpft. Der magnetische Kern des Ganzen ist das unterirdische Wasser, aus welchem alles zu erwachsen scheint und nach dem jeder strebt. Was von Weitem aussieht wie eine karge Wüstenlandschaft oder ein verschlafenes Nest, erweist sich bei näherer Betrachtung als stimmungsvolles Abbild der ländlichen USA.

Kurz bevor die Corona-Pandemie die ganze Welt lahmlegte, fing DeVinck Kurioses, Alltägliches und Erschütterndes im White Pine County im Osten von Nevada ein. Da gibt es schier endlose Gemeindesitzungen zu Fragen der Hundehaltung, Landwirte, die in verheerendem Spanglish mit ihren peruanischen Schafhirten sprechen, geleierte Radiosendungen, denen vielleicht eh keiner mehr zuhört, und Gottesdienste speziell für Sexarbeiterinnen. Aber auch brisante politische Themen beschäftigen die Menschen: die Verteilung der Wasservorräte in der trockenen Gegend, der seit über dreißig Jahren andauernde Streit um den Bau einer Wasserpipeline nach Las Vegas, die anhaltende Diskriminierung der Ureinwohner. Bei allem schwingt der Mythos des US-amerikanischen Freiheitsbegriffs mit, der sich in Form von Waffenbesitz, Einzelkämpfertum und ungebrochenem Glauben an die heilenden Kräfte des Kapitalismus manifestiert.
Kim Busch

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Regie
Chivas DeVinck
Kamera
Yoshio Kitagawa
Schnitt
Matthieu Laclau, Yann-Shan Tsai
Produktion
Chivas DeVinck
Ton
Danfeng Li
Musik
Felicia Atkinson
Nominiert für: Preis der Interreligiösen Jury, FIPRESCI Preis
Beyond Animation 2023
Filmstill Limits of Vision
The Limits of Vision Laura Harrison
Ein Pop-Art-Punk-psychedelischer Trip in die Welt der jungen Hausfrau Marcia im London der 1970er Jahre. Sie denkt über Milben in der Bettwäsche nach und spricht mit dem Geist des Schmutzes.
Filmstill Limits of Vision

The Limits of Vision

The Limits of Vision
Laura Harrison
Beyond Animation 2023
Animationsfilm
USA
2022
35 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Ein Pop-Art-Punk-psychedelischer Trip in das Leben und die reiche Fantasiewelt einer jungen Hausfrau im London der 1970er Jahre. Marcia betrachtet gebannt das erstaunliche Faltengebirge der Bettwäsche, in dem das winzige, fast unsichtbare Volk der Milben wohnt, und wird in ein Gespräch mit dem Geist des Schmutzes verwickelt. Doch halt, die zeitgeistig-feministischen Freundinnen kommen zum Morgenkaffee.

André Eckardt

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Regie
Laura Harrison
Produktion
Eugene Sun Park
Camera Lucida 2023
Filmstill The Tuba Thieves
The Tuba Thieves Alison O’Daniel
Aus kalifornischen Schulen werden Tubas gestohlen. Was macht das Fehlen eines Klanges mit der Wahrnehmung von Musik? Eine amüsante, vielschichtige Reflexion über das Hören und Nicht-Hören.
Filmstill The Tuba Thieves

The Tuba Thieves

The Tuba Thieves
Alison O’Daniel
Camera Lucida 2023
Dokumentarfilm
USA
2023
91 Minuten
Englisch
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit, Englisch

Eine Serie von Tuba-Diebstählen, die sich vor zehn Jahren in kalifornischen Schulen ereignete, ist Ausgangspunkt einer vielschichtigen und amüsanten Reflexion über Töne und Musik, wie diese sich in Bildern wiederfinden und mit Worten zu beschreiben sind. Die Künstlerin Alison O’Daniel erzählt aus der Perspektive von Tauben Menschen; ihr Film gleicht einer musikalischen Komposition, die ihr Thema in mehreren Sätzen variiert.

In einer Sequenz ist der anschwellende Lärm eines Passagierflugzeugs zu hören, das in geringer Höhe über ein Wohngebiet fliegt und allmählich die Windgeräusche übertönt, ehe man seinen Schatten über die Häuser huschen und erst dann die Quelle des Lärms selbst sieht. Die Untertitel, ein integraler Bestandteil dieses Films, beschreiben die Geräusche nicht nur mit verblüffender Präzision, sondern beziffern auch ihren Schalldruck in Dezibel.

Der Wechsel von Passagen mit und ohne Ton motiviert uns, differenzierter, konzentrierter, gezielter wahrzunehmen. Das Motiv des Hörens, der Geräusche, der akustischen Umweltverschmutzung steht im Zentrum des Films, mehr als das Narrativ der mysteriös verschwundenen Tubas, auch mehr als die imponierende Protagonistin Nyeisha „Nyke“ Prince, die in „The Tuba Thieves“ eine Taube Schlagzeugerin verkörpert. Der Tuba-Diebstahl ist vor allem eine Metapher: Was macht das Fehlen eines Klangs mit der Wahrnehmung?

Christoph Terhechte

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Regie
Alison O’Daniel
Buch
Alison O’Daniel
Kamera
Derek Howard
Schnitt
Alison O’Daniel, Zack Khalil
Produktion
Alison O’Daniel, Su Kim, Maya E Rudolph, Rachel Nederveld
Filmvertrieb
Shoshi Korman
Animation Night 2023
Filmstill The Whale Story
The Whale Story Tess Martin
Während einer kurzen Begegnung scheint sich zwischen einem Wal und einem Taucher eine echte Verbindung aufzubauen. Doch dann verschwindet der Wal wieder in den Tiefen des Ozeans.
Filmstill The Whale Story

The Whale Story

The Whale Story
Tess Martin
Animation Night 2023
Animationsfilm
USA,
Niederlande
2012
4 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Englisch

Ein Taucher begegnet einem verletzten Wal. Er beschließt, dem Tier zu helfen, und erhält zum Dank einen freundlichen Blick. Für einige Sekunden scheint die Grenze zwischen den beiden Spezies durchlässig zu werden. Der Wal verschwindet in den Tiefen des Ozeans und lässt den Taucher mit der Frage zurück, ob all dies nur die Projektion menschlicher Hoffnungen war.

Franka Sachse

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Regie
Tess Martin
Musik
Spencer Thun
Animation
Tess Martin, Webster Crowell, Stefan Gruber, Britta Johnson, Amanda Moore
Internationaler Wettbewerb 2020
Media Name: 9c8ca268-cb59-489a-9367-02babbc5a6b4.jpg
Truth or Consequences Hannah Jayanti
In der Wüste New Mexicos lässt ein privat betriebener Weltraumbahnhof Träume vom Tourismus in neue Welten aufkommen. In der Kleinstadt nebenan sind die Lebensentwürfe bescheidener.
2020
Media Name: 9c8ca268-cb59-489a-9367-02babbc5a6b4.jpg

Truth or Consequences

Truth or Consequences
Hannah Jayanti
Internationaler Wettbewerb 2020
Dokumentarfilm
USA
2020
103 Minuten
Englisch
Untertitel: 
Keine

Vierzig Kilometer außerhalb der Kleinstadt Truth or Consequences in New Mexico liegt, mitten in der Wüste, der „Spaceport America“, der erste private Weltraumbahnhof. Seit einem Jahrzehnt träumt man dort vom Tourismus ins All. Hannah Jayanti beobachtet die Menschen in der Ortschaft, die im Schatten solch großer Ideen leben. Sie erzählt von Tigerbissen und von Schrottsammlern, von funkelnden Steinen, vom Trailer-Leben und davon, wie schmerzlich die Vergangenheit oft noch auf die Gegenwart einwirkt.

Was anfängt wie eine Erzählung über große Pläne der Menschheit, wird immer mehr zu einer über die Träume und Stolpersteine menschlicher Existenzen. Schritt für Schritt kommt der Film seinen Figuren nahe und entfaltet sich zu einer Reflexion darüber, was von einem Leben bleibt. Neben dokumentarischen und historischen Aufnahmen nutzt die Regisseurin dabei auch Virtual-Reality-Technik. Wenn die Kamera durch die 3D-Simulationen von leeren Straßen und Häusern streift, dann bekommt man das Gefühl, dass hier etwas längst Vergangenes erfahrbar gemacht wird – gleich einer Expedition in eine Geisterstadt, zu einer Zeit, da die Bevölkerung den Planeten längst per Rakete verlassen hat. Doch die erzeugten Bilder bleiben lückenhaft, die Objekte nur punktuell erfasst, fast so, als würde es sich um eine Sternenkarte handeln.
Marie Kloos

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Hannah Jayanti
Kamera
Hannah Jayanti
Schnitt
Hannah Jayanti
Produktion
Sara Archambault
Ton
Hannah Jayanti, Scott Hirsch
Musik
Bill Frisell
Animation
Alexander Porter, Alexander Porter
Nominiert für: Preis der Interreligiösen Jury, FIPRESCI Preis