Filmarchiv

Land (Film Archive)

Internationaler Wettbewerb 2021
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May God Be with You Cléo Cohen
Die junge Französin Cléo Cohen in der Identitätskrise: Ist sie Jüdin? Araberin? Im Klaren scheinen sich selbst ihre Großeltern nicht. Cléo ringt um das Klare: intensiv, spielerisch.
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May God Be with You

Que Dieu te protège
Cléo Cohen
Internationaler Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
2021
77 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch, deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Die Regisseurin unternimmt den Versuch einer Selbstverortung. Denn in Cléo Cohen, einer jungen Französin, haben historische Erosionen in Gesellschaft und Politik zu einer Identitätskrise geführt. Ist sie Araberin? Jüdin? Mithilfe ihrer Großeltern, die allesamt als Juden aus dem Maghreb nach Frankreich emigrierten, ringt sie um Klärung. Die Befragungen sind spielerisch, aber bestimmt. Cléo weckt Erinnerungen, konfrontiert, sinniert in der Badewanne.

Ob sie „sedje“ sei, fähig zu heiraten, will sich Cléo bei ihrer Großmutter Flavie vergewissern. Diese reagiert ausweichend. Ihre Schwester wäre es in jedem Fall, findet Flavie. Und auch Cléo wisse ungefähr, wie man Dinge bewerkstelligt. Doch ganz überzeugt wirkt sie nicht. Cléo Cohen steckt mitten in einem Findungsprozess. Ihre Großeltern spielen eine Rolle dabei. Kamen die einen als algerische Juden nach Frankreich, übersiedelten die anderen aus dem Nachbarland Tunesien, ebenfalls als Juden. Cléo ist verwirrt. Die Muttersprache von Denise etwa ist Arabisch, sie beherrscht die arabische Küche, doch Araberin ist sie keine? Mit allen führt sie Gespräche, drängt sich forsch, aber herzlich in die Vergangenheit. Sie liest die Schriften von Albert Memmi, der als Sohn jüdischer Eltern unter der französischen Kolonialherrschaft in Tunis aufwuchs; sie hört den Song „Juifs arabes“ von Philippe Katerine. Sie reist nach Tunesien.
Carolin Weidner

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Regie
Cléo Cohen
Kamera
Cléo Cohen
Schnitt
Saskia Berthod
Produktion
Rebecca Houzel, Maria Knoch
Ton
Gilles Bénardeau
Musik
Patrick Bismuth
Filmvertrieb
Pascale Ramonda
Ausführende Produktion
Petit à Petit Production
Ausgezeichnet mit: Preis der Interreligiösen Jury
Tanz in der Dunkelheit 2022
Filmstill Meat Joy
Meat Joy Pierre Dominique Gaisseau, Carolee Schneemann
Tanz ist vor allem körperlich und „Meat Joy“ die filmische Essenz einer tabulos zelebrierten Performance-Improvisation mit viel Haut und zu vieldeutigen populären Songs.
Filmstill Meat Joy

Meat Joy

Meat Joy
Pierre Dominique Gaisseau, Carolee Schneemann
Tanz in der Dunkelheit 2022
Dokumentarfilm
Frankreich
1964
11 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Tanz ist vor allem körperlich. Geruch, Wärme, Berührung – „Meat Joy“ präsentiert zu einer Collage aus vieldeutigen Popsongs die Essenz davon. Carolee Schneemann bringt das tabulos zelebrierte physische Erlebnis einer glitschigen, erotischen Performance-Improvisation hautnahe. Mit Bildausschnitt, Filmmontage und einer an die Malerei angelehnten visuellen Ästhetik löst sie die Körperformen auf.

André Eckardt

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Regie
Pierre Dominique Gaisseau, Carolee Schneemann
Schnitt
Carolee Schneemann, Trevor Shimizu
Produktion
Carolee Schneemann
Sound Design
Carolee Schneemann, James Tenney, Trevor Shimizu
Performer
Carolee Schneemann
Filmstill Motorrodillo

Motorrodillo

Motorrodillo
Alba Jaramillo
Internationaler Wettbewerb Kurzfilm 2022
Dokumentarfilm
Kolumbien,
Frankreich
2022
30 Minuten
Spanisch
Untertitel: 
Englisch

Im ländlichen Norden Kolumbiens, in dem die Bahngleise längst stillgelegt sind, weiß man sich durch eine Flotte von „Motorrodillos“ – Motorrad-angetriebene Minizüge – selbst zu helfen. Täglich fahren Dolly und ihre Kollegen Schulkinder, Waren und Reisende über abenteuerliche Strecken von Dorf zu Dorf. Wer unterwegs auf Gegenverkehr trifft, muss von den Schienen steigen. Wer Löcher auf den Gleisen findet, der flickt sie kurzerhand. Ein liebevolles Porträt eines selbstorganisierten Transportsystems.

Marie Kloos

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Regie
Alba Jaramillo
Kamera
David Horacio Montoya
Schnitt
Francine Lemaître
Produktion
Qutaiba Barhamji, Marie-Odile Gazin, Alba Jaramillo
Ton
Andres Acevedo, Manuel Vidal
Kids DOK 2021
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Mum Is Pouring Rain Hugo De Faucompret
Jane muss Weihnachten bei ihrer Großmutter auf dem Land verbringen: Wie langweilig! Doch allen Widrigkeiten zum Trotz entpuppen sich die Ferien als ein echtes Abenteuer.
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Mum Is Pouring Rain

Maman pleut des cordes
Hugo De Faucompret
Kids DOK 2021
Animationsfilm
Frankreich
2021
29 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Keine

Die Mutter von Jane macht eine schwere Zeit durch und eröffnet ihr, dass sie diese Weihnachten bei ihrer Großmutter „Zwiebel“ auf dem Land verbringen muss. Keine Widerrede. Jane hat dazu überhaupt keine Lust: Wie langweilig! Doch allen Widrigkeiten zum Trotz entpuppen sich die Ferien als ein echtes Abenteuer. Jane lernt neue Freunde kennen und beginnt, sich anderen zu öffnen.

Lina Dinkla

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Regie
Hugo De Faucompret
Buch
Lison d’Andréa, Hugo De Faucompret
Schnitt
Benjamin Massoubre
Produktion
Ivan Zuber, Antoine Lietout
Co-Produktion
Emmanuèle Pétry-Sirvin, Jean-Baptiste Wery
Musik
Pablo Pico
Animation
Eva Lusbaronian
Filmvertrieb
Emmanuèle Pétry-Sirvin
Broadcaster
Canal+
Filmstill No Dogs or Italians Allowed

No Dogs or Italians Allowed

Interdit aux chiens et aux Italiens
Alain Ughetto
Eröffnungsfilm 2022
Animationsfilm
Frankreich,
Italien,
Belgien,
Schweiz,
Portugal
2022
70 Minuten
Französisch,
Italienisch
Untertitel: 
Englisch

Hunger und Not herrschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts im piemontesischen Bergdorf Ughettera. Die duldsamen Bauern klagen weder über die schmarotzenden Priester noch über die harte winterliche Saisonarbeit im benachbarten Frankreich – auch nicht, als der italienische Staat sie zu den Waffen ruft, zunächst nach Libyen und wenig später in den Weltkrieg. Erst als die Faschisten kommen, tauscht die Familie Ughetto ihre Heimat gegen neue Entbehrungen und neue Hoffnungen jenseits der Grenze.

Alain Ughetto hat seinen italienischen Großeltern Cesira und Luigi mit dieser fantasievoll inszenierten Puppenanimation ein warmherziges Denkmal gesetzt. Mit subtiler Komik, Zärtlichkeit und Empathie erzählt er von Generationen, die in Armut lebten, aber auch von Glück und Liebe, von Geschick und Missgeschick. „Man entstammt keinem Land, man entstammt seiner Kindheit“, lehrt ihn Cesira. In der Chronik der Familie findet der Regisseur sich selbst, erkennt seine Vorliebe für die Arbeit mit der Hand wieder. Bald wird der Film zu einer Reflexion über das Geschichtenerzählen mit dem, was diese Hand formt. Sie selbst ist im Bild immer wieder präsent – wenn sie aus Holzkohle Berge und aus Brokkoli Wälder zusammensetzt, oder wenn sie von Cesira einfach nur eine Tasse verdammt kräftigen Espresso gereicht bekommt.
Christoph Terhechte

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Regie
Alain Ughetto
Kamera
Fabien Drouet, Sara Sponga
Schnitt
Denis Leborgne
Produktion
Alexandre Cornu
Musik
Nicola Piovani
Animation
Marjolaine Parot
Filmvertrieb
Clément Chautant
Nominiert für: Young Eyes Film Award
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Nude at Heart

Nude at Heart
Yoichiro Okutani
Der Schnitt macht den Film 2021
Dokumentarfilm
Japan,
Frankreich
2021
109 Minuten
Japanisch
Untertitel: 
Französisch, Englisch

Eine Milieustudie über eine sterbende Amüsierkultur, gefilmt in liederlichen Garderoben vor schlecht geputzten Schminkspiegeln. – Die Filmeditorin Mary Stephen folgt dem Regisseur Yoichiro Okutani in dessen Schnittinterpretation des eigenen Drehmaterials über die Odoriko genannten japanischen Nackttänzerinnen bis hierher. Doch Stephens Editor’s Cut beginnt angezogen: eine geschmackvoll ausgeleuchtete Bühnen-Ouvertüre im Kostüm. Von hier aus ordnet sie, besser: entblättert sie das Material neu und nimmt ursprünglich von Okutani verworfene Bild- und Tonsequenzen wieder auf, etwa den titelgebenden Ausspruch einer Odoriko, die ihre Berufswahl so begründet: „Es ging darum, im Herzen nackt zu sein.“

Sylvia Görke

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Regie
Yoichiro Okutani
Buch
Yoichiro Okutani
Kamera
Yoichiro Okutani
Schnitt
Mary Stephen
Produktion
Asako Fujioka, Eric Nyari, Annie Ohayon-Dekel
Musik
Haruyuki Suzuki
Retrospektive 2021
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Nuit et brouillard [Synchronfassung BRD 1956] Alain Resnais
Paul Celan, Schöpfer der „Todesfuge“, prägte mit seiner lyrisch rhythmisierten, in den Tempi springenden Übertragung die westdeutsche Rezeptionsgeschichte von Resnais‘ Film.
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Nuit et brouillard [Synchronfassung BRD 1956]

Nuit et brouillard [Synchronfassung BRD 1956]
Alain Resnais
Retrospektive 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
1955
31 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Keine

„Le sang a caillé, les bouches se sont tues“, heißt es bei Jean Cayrol. Paul Celan übersetzt: „Das Blut ist geronnen, die Münder sind verstummt“. Alain Resnais‘ Archivfilm über die nationalsozialistischen Konzentrationslager setzte neue Maßstäbe für die essayistische Form. Die Filmmusik von Hanns Eisler musste den Wechsel in eine andere Sprachfassung nicht fürchten. Aber die Worte von Jean Cayrol, mehr Elegie als Kommentar? Paul Celan, Schöpfer der „Todesfuge“ und mit Cayrol bereits als Übersetzer verbunden, wurde um die Übertragung ins Deutsche gebeten. Sein lyrischer Rhythmus, seine vom Originaltext abweichenden Tempussprünge prägten die westdeutsche Rezeptionsgeschichte von Resnais’ Film.

Sylvia Görke

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Regie
Alain Resnais
Buch
Paul Celan
Kamera
Sacha Vierny, Ghislain Cloquet
Schnitt
Alain Resnais, Henri Colpi
Produktion
Anatole Dauman, Samy Halfon, Philippe Lifchitz
Musik
Hanns Eisler
Sprecher*in
Kurt Glass
Retrospektive 2021
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Nuit et brouillard [Synchronfassung DDR 1960] Alain Resnais
Henryk Keischs Neuübersetzung für die DEFA holte Paul Celans Versäumnisse nach. In seiner Textversion kehrte die in der BRD-Fassung ausgesparte Sowjetunion in den NS-Opferkreis zurück.
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Nuit et brouillard [Synchronfassung DDR 1960]

Nuit et brouillard [Synchronfassung DDR 1960]
Alain Resnais
Retrospektive 2021
Dokumentarfilm
Frankreich
1955
31 Minuten
Deutsch
Untertitel: 
Keine

„Le sang a caillé, les bouches se sont tues“, heißt es bei Jean Cayrol. Henryk Keisch übersetzt: „Das Blut ist getrocknet, die Münder sind verstummt“. Als Resnais Film für den Spielbetrieb in der DDR lizensiert werden sollte, schien der Rückgriff auf die westdeutsche Synchronfassung naheliegend. Doch bei der DEFA fiel Celans Textübertragung durch. Man monierte Aussparungen, die etwa aus der Sowjetunion Deportierte unter den Tisch fallen ließen. Der behördliche Schriftverkehr endete apodiktisch: Man halte den Ankauf für „unverantwortlich“. Der linientreue Schriftsteller und Übersetzer Henryk Keisch wurde mit einer Neufassung beauftragt – und holte Celans Versäumnisse selbstverständlich nach.

Sylvia Görke

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Regie
Alain Resnais
Buch
Henryk Keisch
Kamera
Ghislain Cloquet, Sacha Vierny
Schnitt
Alain Resnais, Henri Colpi
Produktion
Anatole Dauman, Samy Halfon, Philippe Lifchitz
Musik
Hanns Eisler
Sprecher*in
Raimund Schelcher
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Odoriko

Odoriko
Yoichiro Okutani
Der Schnitt macht den Film 2021
Dokumentarfilm
Japan,
USA,
Frankreich
2020
114 Minuten
Japanisch
Untertitel: 
Englisch

Eine Milieustudie über eine sterbende Amüsierkultur, gefilmt in liederlichen Garderoben vor schlecht geputzten Schminkspiegeln. – Der Regisseur Yoichiro Okutani folgt den Odoriko, jenen japanischen Nackttänzerinnen, durch ihren Alltag zwischen An- und Ausziehen, zwischen pragmatischer Lebensbewältigung und bühnentauglich gemachter Erotik. Okutanis Schnittfassung beginnt nackt: Eine unbekleidete Frau steigt eine Treppe hinab, nicht vorteilhaft ins Bild gesetzt, sondern mit der brachialen Gewöhnlichkeit der Routine. Zwischen diesem, also Okutanis Director’s Cut und Mary Stephens Editor’s Cut „Nude at Heart“ liegen ein Produktionsjahr und fünf Minuten. Aber wieviel mehr?

Sylvia Görke

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Regie
Yoichiro Okutani
Buch
Yoichiro Okutani
Kamera
Yoichiro Okutani
Schnitt
Yoichiro Okutani, Keiko Okawa
Produktion
Asako Fujioka, Eric Nyari, Yoichiro Okutani, Annie Ohayon-Dekel
Ton
Young-chang Hwang
Extended Reality 2022
Filmstill On the Morning You Wake (to the End of the World)
On the Morning You Wake (to the End of the World) Mike Brett, Steve Jamison, Pierre Zandrowicz, Arnaud Colinart
Die atomare Bedrohung wurde für 1,4 Millionen Menschen auf Hawaii real. Am 13. Januar 2018 warnte sie eine Textnachricht vor einer Rakete. Die Nachricht war falsch, aber folgenschwer.
Filmstill On the Morning You Wake (to the End of the World)

On the Morning You Wake (to the End of the World)

On the Morning You Wake (to the End of the World)
Mike Brett, Steve Jamison, Pierre Zandrowicz, Arnaud Colinart
Extended Reality 2022
XR
Frankreich,
UK,
USA
2022
42 Minuten
Englisch,
Französisch,
Deutsch,
Koreanisch,
Japanisch,
Norwegisch
Untertitel: 
Englisch

Der Friede der Großmächte fußt auf einem „Gleichgewicht des Schreckens“. Mit ihren Waffenarsenalen können sich Staaten gegenseitig komplett auslöschen. Am 13. Januar 2018 bekamen das 1,4 Millionen Menschen auf Hawaii zu spüren: Eine falsche Raketenwarnung per Textnachricht brachte den Alltag für 38 Minuten zum Erliegen, Panik brach aus und die atomare Bedrohung wurde plötzlich real.

Lars Rummel

Credits DOK Leipzig Logo

Produktion
Arnaud Colinart, Jo-Jo Ellison, Mike Brett, Steve Jamison
Ausführende Produktion
Paul Mezier, Susanna Pollack
Produktionsfirma
Atlas V, Archer’s Mark
Animation
Alan Sorio
3D-Künstler*in
Renaud de Bellefon, Anthony Rubier
VFX Artist
Yasuyuki Otsuki
Buch
Dr. Jamaica Heolimeleikalani Osorio
Musik
Bobby Krlic
Key Collaborator
Games for Change, Princeton University, British Film Institute, VR for Good, ARTE France, CNC
Regie
Mike Brett, Steve Jamison, Pierre Zandrowicz, Arnaud Colinart
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Once I Entered a Garden

Pa’am nikhnasti legan
Avi Mograbi
Hommage Avi Mograbi 2021
Dokumentarfilm
Israel,
Schweiz,
Frankreich
2012
99 Minuten
Arabisch,
Hebräisch
Untertitel: 
Englisch

Avi Mograbi begegnete im Traum seinem Großvater. Schauplatz: Damaskus, 1920. Ob die beiden bei diesem unmöglichen Zusammentreffen arabisch oder hebräisch sprachen? Dass sie sich überhaupt verständigen konnten! Denn Mograbi ist des Arabischen kaum mächtig, und der Großvater lernte Iwrit erst später. In der Wohnung des Freundes Ali Al-Azhari beginnt ein anderes unmögliches Gespräch: zwischen Avi, dem Juden, und Ali, dem Palästinenser. Ihr quirliger, zugewandter Austausch über Vorfahren, Vokabeln und Träume soll einen Film vorbereiten, der dann nicht entsteht. Aber da das Material nun schon einmal gedreht ist: Warum damit nicht eine neue israelisch-palästinensische Wirklichkeit in Angriff nehmen?!

Sylvia Görke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Avi Mograbi
Buch
Avi Mograbi, Noam Enbar
Kamera
Phillipe Bellaïche
Schnitt
Avi Mograbi, Rainer M. Trinkler
Produktion
Serge Lalou, Samir
Co-Produktion
Avi Mograbi
Ton
Florian Eidenbenz
Musik
Noam Enbar
Internationaler Wettbewerb 2022
Filmstill One Mother
One Mother Mickaël Bandela
Eine autobiografische, visuell einfallsreiche Studie des (unprivilegierten) Erwachsenwerdens. Sie wirft Fragen nach (Un-)Austauschbarkeit auf: jedes Einzelnen, auch einer Mutter.
Filmstill One Mother

One Mother

Une mère
Mickaël Bandela
Internationaler Wettbewerb 2022
Dokumentarfilm
Frankreich
2022
86 Minuten
Französisch
Untertitel: 
Englisch

Als der Regisseur Mickaël Bandela sechs Monate alt war, übergab ihn seine in Frankreich lebende leibliche Mutter Gisèle in die Obhut der Pflegemutter Marie-Thérèse, die ihn fast zwanzig Jahre umsorgte. Der Kontakt zu Gisèle riss zwar nie ab, Besuche blieben aber unregelmäßig. Nun ist Mickaël 35 und gründet seine eigene Familie. Eigentlich ein perfekter Zeitpunkt, um auch Gisèle als Oma in sein Leben einzubinden. Doch sie entscheidet sich, in ihre alte kongolesische Heimat zurückzukehren.

Mickaël versucht zu verstehen – die Frau, die ihn auf die Welt brachte, die Frau, bei der er aufwuchs, und sich selbst. Sein autobiografischer Film wird zu einer fragmentierten Spurensuche nach Erinnerungen an das eigene Werden. Manche Sequenzen zeigen Momente äußerster Orientierungslosigkeit. Ein Verlust der Balance beim Sich-um-sich-selbst-Drehen, wie man meinen könnte? Nein, genau das unterläuft Mickaël Bandela nicht. Sein Werk, das dem Mangel an Archivmaterial mit visuellem Einfallsreichtum und einem eigensinnigen Rhythmus begegnet, ist voller Empathie. Es beleuchtet nicht nur das unprivilegierte Aufwachsen in der französischen Provinz, sondern ermöglicht auch Verständnis für das Handeln seiner beiden „Mamans“ und deckt Hintergründe auf. Darüber hinaus gelingt ihm eine elaborierte Analyse der (Un-)Austauschbarkeit: eines jeden Einzelnen, auch der oft als unantastbar geltenden Figur der Mutter.
Borjana Gaković

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Regie
Mickaël Bandela
Kamera
Mickaël Bandela
Schnitt
Mickaël Bandela
Produktion
Marina Perales Marhuenda, Xavier Rocher, Mickaël Bandela
Ton
Mickaël Bandela
Musik
Thomas Schwab
Ausgezeichnet mit: FIPRESCI Preis
Wettbewerb Publikumspreis 2021
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Our Memory Belongs to Us Rami Farah, Signe Byrge Sørensen
Inmitten eines grausamen Konflikts setzen syrische Aktivisten ihre Hoffnung in die Produktion von Bildern. Was erzählen ihre Aufnahmen? Welche Rolle spielen sie als Zeugnisse?
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Our Memory Belongs to Us

Frihed, håb og andre synder – Den syriske revolution 10 år senere
Rami Farah, Signe Byrge Sørensen
Wettbewerb um den Publikumspreis 2021
Dokumentarfilm
Dänemark,
Frankreich
2021
90 Minuten
Arabisch
Untertitel: 
deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit, Englisch

Das Wertvollste, was Yadan auf seiner Flucht bei sich trägt, ist eine Festplatte. Fast 13.000 Videos befinden sich darauf, aufgenommen 2011 und 2012, von ihm und anderen Aufständischen in Daraa, der „Wiege“ der syrischen Revolution. Acht Jahre später kommen Yadan und zwei seiner Weggefährten in einem Theater in Paris zusammen, um dem Material (erneut) zu begegnen. Im Dialog zwischen den Männern und den Bildern beginnt ein Stück der Geschichte des Landes Gestalt anzunehmen.

Als friedlicher Protest in einen brutalen Krieg mündet, wird eine kleine Gruppe von Zivilisten zur Stimme von Daraa. Wo die offizielle Berichterstattung ausbleibt, filmen sie: zunächst um der Revolution in ihrer medialen Repräsentation zu tatsächlicher Existenz zu verhelfen, dann um in einem dringlichen Hilfsgesuch an die internationale Gemeinschaft Zeugnis abzulegen. Gegen die Menschenrechtsverbrechen der Regierungstruppen, gegen Granatbeschuss und Bomben – die Kamera ist ihre Waffe. Die filmische Anordnung wird zum Ausgangspunkt einer Reflexion über die Bedeutung der Bilder, damals und heute, und gibt zugleich Anstoß, persönliche in kollektive Erinnerung zu überführen. Wie schmerzhaft dieser Prozess ist, offenbaren die Reaktionen der Protagonisten. „Ist die Aufarbeitung der Geschichte all die Gewalt wert, die die Erinnerung wachruft?“, wird aus dem Off gefragt. Der Film gibt eine entschiedene Antwort.
Sarina Lacaf

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Rami Farah, Signe Byrge Sørensen
Buch
Dima Saber, Rami Farah, Lyana Saleh, Signe Byrge Sørensen
Kamera
Henrik Bohn Ipsen
Schnitt
Gladys Joujou
Produktion
Signe Byrge Sørensen, Lyana Saleh, Anne Köhncke
Co-Produktion
Reema Jarrar
Ton
Henrik Garnov
Musik
Kinan Azmeh
Ausgezeichnet mit: Filmpreis Leipziger Ring
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Our Quiet Place

Un endroit silencieux
Elitza Gueorguieva
Camera Lucida – Außer Konkurrenz 2021
Dokumentarfilm
Bulgarien,
Frankreich
2021
68 Minuten
Bulgarisch,
Englisch,
Französisch
Untertitel: 
Englisch, deutsche Untertitel für Menschen mit eingeschränkter Hörfähigkeit

Mit der Aneignung des Französischen hat die belarussische Autorin Aliona Gloukhova eine Möglichkeit gefunden, über ihren verschwundenen Vater zu schreiben. Regisseurin Elitza Gueorguieva folgt diesem Prozess, an dessen Ende eine Buchveröffentlichung steht. Gleichzeitig kreuzen sich damit die Lebenswege zweier Frauen, die es auch deshalb nach Westeuropa verschlug, um Abstand von ihren Heimatländern, Belarus und Bulgarien, zu gewinnen.

Sich das Koordinatensystem einer fremden Sprache zunutze machen, um auszudrücken, was einem sonst dramatisch oder pathetisch vorkäme: Aliona Gloukhova hat diese Methode gewählt, um die Geschichte ihres Vaters zu schreiben, eines stillen Dissidenten und Tschernobyl-Experten, der Mitte der 1990er Jahre plötzlich verschwand. Die Erinnerungen an ihn sind lückenhaft, und vielleicht ist selbst das, was sich als Erinnerung tarnt, nicht echt. Aliona taucht ein in die Fiktion und den französischen Wortschatz, der ihr die Freiheit schenkt, eine eigene Fassung der Geschehnisse zu formulieren. Elitza Gueorguieva verfolgt das Herantasten an den biografisch-linguistischen Komplex, der auch an ihr eigenes Gedächtnis appelliert. Denn auf den Straßen von Minsk, die sie gemeinsam mit Aliona beschreitet, spürt sie sogleich die altbekannte Angst aus ihrer Kindheit. Es überkommt sie wie der Biss in eine Madeleine, die sie besser nicht in den Mund genommen hätte.
Carolin Weidner

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Elitza Gueorguieva
Kamera
Thomas Favel, Elitza Gueorguieva
Schnitt
Mélanie Braux
Produktion
Eugénie Michel Villette
Co-Produktion
Martichka Bozhilova
Ton
Arno Ledoux
Musik
Arno Ledoux
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Pa va hêng

Pa va hêng
Franziska von Stenglin
Deutscher Wettbewerb 2021
Dokumentarfilm
Frankreich,
Deutschland
2021
82 Minuten
Sedang,
Vietnamesisch
Untertitel: 
Englisch

Liem gehört der ethnischen Minderheit der Sedang an und ist in einer abgelegenen Region von Vietnam zu Hause. Knapp skizziert die beobachtende Kamera einen Alltag, den mehr das Überleben denn das Leben bestimmt. Mit seinen Freunden bereitet er eine Expedition in den Dschungel vor. Dort wollen die jungen Männer eine Auszeit nehmen, an die Tradition ihrer Ahnen anknüpfen, Jäger und Sammler werden. Je verschlungener die Pfade, desto tiefer scheint sich auch der Film in eine andere Sphäre zu begeben.

Man lernt Liem bei alltäglichen Verrichtungen kennen. Mit dem Baby im Tragetuch kocht er, hängt Wäsche auf, geht aufs Feld. Die gigantischen Lautsprecher, die an den Laternen befestigt sind, beschallen sein Dorf mit offiziellen Nachrichten und Werbung. In seinem Stelzenhaus hört Liem lieber vietnamesischen Pop. Schon bald erspürt man den Rhythmus, den ganz eigenen Takt dieses Lebens. Wenn Liem und seine Freunde mit Gummilatschen und Rucksäcken losziehen, heftet sich die Kamera an ihre Fersen, nimmt ihre Perspektive ein. Auf Super-16 gedreht, fängt der Film die Grüntöne des zentralen Hochlands in Vietnam ein, die Bilder entwickeln eine soghafte Tiefe. Blätterrauschen, Insektensummen, Vogelgezwitscher und permanenter Regen setzen sich zu einer melodischen Geräuschkulisse zusammen. Plötzlich scheint die Zeit stillzustehen, die Trennung zwischen Leinwand und Zuschauerraum wird aufgehoben.
Anke Leweke

Credits DOK Leipzig Logo

Regie
Franziska von Stenglin
Kamera
Lucie Baudinaud
Schnitt
Zuniel Kim, Marylou Vergez
Produktion
Lucas Tothe, Franziska von Stenglin
Co-Produktion
Cinegrell, Umlaut Films
Ton
Christian Wittmoser, Nguyen Ngoc Tân
Musik
Thomas Höhl
Media Name: e6abbef3-4187-4c93-8260-55b555e66a10.jpg

Philippe Arthuys: Boîte à musique

Philippe Arthuys: Boîte à musique
Animation und Musique Concrète 2021
Akustischer Film
Frankreich
1957
3 Minuten
ohne Dialog
Untertitel: 
Keine

Mit Hall, Filtern und rhythmischer Montage entsteht aus Klangfragmenten ein Hörstück über eine scheinbar eigenwillige Spieldose. Philippe Arthuys – Filmkomponist für Größen wie Rivette und Godard und selbst Filmemacher – variiert das Tempo von stotternd bis ruhig atmend, lässt überraschend Geräuschpartikel aus der Tiefe des Raumes auftauchen und wieder verschwinden. Ein Filmdramolett für die Ohren.

André Eckardt

Credits DOK Leipzig Logo

Musik
Philippe Arthuys